Auerbach/Betzenstein/Pegnitz/Plech – Über 80 Veranstaltungen im Dekanat Pegnitz zum Reformationsjubiläum – Vom Lutherquiz bis zur Ökumenischen Wallfahrt. Das Reformationsjubiläum und das „Lutherjahr“ sieht der evangelische Dekan Dr. Gerhard Schoenauer als ökumenische Chance. Das Pegnitzer Dekanat möchte daher Luther bewusst nicht als „Heiligen“ verehren, sondern das Gedenken an den Thesenanschlag in der Schlosskirche von Wittenberg am 30. Oktober 1517 mit Gottesdiensten, Vorträgen, Ausstellungen, Festen, Workshops und vielen Projekten feiern. In einem Flyer hat das Dekanat die verschiednenen Angebote in allen Kirchengemeinden auf 44 Seiten gebündelt und veröffentlicht.
„Ohne die Reformation sähe unsere Leben, unsere Welt ganz anders aus“, schreibt Dekan Schoenauer im Grußwort des Veranstaltungsgkalenders. Die Reformation des Glaubens war auch eine Erneuerung der Gesellschaft, der Wissenschaft, der Kunst, der deutschen Sprache, des Selbstverständnisses des Menschen, der Freiheit und vielem mehr. Das Jubiläum „500 Jahre Reformation“ wird weltweit gefeiert. Im Dekanat Pegnitz mit seinen zwölf Kirchengemeinden finden über 80 Veranstaltungen statt. Dabei gehe es nicht darum, Luther als „Heiligen“ zu feiern. Schoenauaer sieht das „Lutherjahr“ vielmehr als ökumenische Chance. Er lädt alle Menschen über die Grenzen von Konfessionen und Kirchen hinweg ein, das Reformationsjubiläum im Dekanat mitzufeiern.
Theatersommer widmet sich am 29. Januar den Persönlichkeiten Martin Luther und Martin Luther King
Dass dies gelingen kann, zeigt ein Blick in die vielfältigen Veranstaltungen, die organisiert werden. Es gibt besondere Gottesdienste und viele kirchenmusikalische Events. Das erste ist ein Theaterabend mit Musik am 29. Januar um 19 Uhr in der Pegnitzer St.Bartholomäus-Kirche. Das Ensemble des „Fränkischen Theatersommers“ widmet sich in diesem Stück Martin Luther und Martin Luther King. Lutherlieder in Jazzbearbeitungen, ein Kinderkonzert, Motetten der Reformationszeit und vieles mehr sind fest geplant. Die Auswahl ist groß und bei über 80 Veranstaltungen ist durchschnittlich mehr als ein Termin pro Woche. Bibelnacht, Malwerkstatt mit dem bekannten Künstler Béla Farago, ökumenische Kinderbibelwoche unter dem Motto „Mit Luther auf Entdeckertour“ und eine Feier wie zu Luthers Zeiten mit Musik und Tanz, Gauklern, Spielleuten und mehr sind einige der Höhepunkte.
Welche Auswirkungen die Reformation nicht nur auf die Kirche haben würde, hat Martin Luther vor 500 Jahren gewiss noch nicht geahnt. Im Rückblick erinnern wir uns heute an viele Dinge. „Besonders wichtig ist mir Luthers Bibelübersetzung und damit verbunden die deutsche Sprache“, sagt Dekan Schoenauer. Die Rechtfertigungslehre und das Priestertum aller Gläubigen halte er für besonders wichtige theologische Themen. Die Erkenntnis, dass vor Gott alle Menschen – ob Pfarrer oder Gemeindemitglieder - auf derselben Stufe stehen, ist für den Auerbacher Pfarrer Moritz von Niedner sehr wichtig. „Durch die Taufe haben alle Christen einen direkten Draht zu Gott.“ Kirche sei genau da, wo Menschen sich versammeln, um miteinander auf Gott zu hören. Auch diese besondere Bedeutung der Gemeinden sei durch die Reformation wieder entdeckt worden.
Freiheit und Verantwortlichkeit jedes Einzelnen wurden bei der Reformation gestärkt
„Jeder Getaufte, jeder Christ ist zuerst und vor allem seinem Gott verantwortlich; da braucht und gibt es nicht Kirche und andere Institutionen, die das Heil vermitteln. Der einzige Mittler zwischen Gott und Mensch ist Jesus Christus.“ Dies ist für Pfarrer Christoph Weißmann aus Plech sehr wichtig. Diese Freiheit und Verantwortlichkeit habe nicht nur die Kirche reformiert, sondern die abendländische Gesellschaft geprägt. Die evangelischen Christen feiern 2017 weder einen Menschen noch eine Geschichte, findet Pfarrer Ulrich Böhm aus Beteznstein. „Sondern wir feiern, dass damals die Wahrheit der Heiligen Schrift, die total verschüttet war, wiederentdeckt wurde.“ Gott schenke allen seine Liebe, ohne Ablasszahlungen, sondern alleine durch den Glauben. „Das hat Martin Luther wiederentdeckt! Jahrhunderte lang wussten die Menschen nichts davon! Dass wir es seither wissen dürfen, das feiern wir“, so Böhm.
Die Präsidentin der Dekanatssynode, Karin Weiss, sieht so viel Gutes in der Reformation, dass sie gar nicht sagen kann, was ihr am wichtigsten ist. Die Bibelübersetzung und die Vereinheitlichung der deutschen Sprache gehören dazu. Die Texte, die für viele Menschen zu einer inneren und auch äußeren Befreiung beitrugen. Das Geschenk der Gnade Gottes, das Martin Luther als besonders wichtigen Glaubenssatz herausgearbeitet hat, habe viele Menschen gestärkt und ermutigt, sagt die Präsidentin. Nicht zu vergessen sei der Einsatz Luthers für die Musik mit Gemeindegesang in deutscher Sprache. „Einige dieser Kirchenlieder singen wir bis heute“, so die Pegnitzerin.
Kirchengemeinde Pegnitz veranstaltet am 1. Juli ein Lutherfest mit Attraktivitäten wie im 16. Jahrhundert
Karin Weiss ist gespannt auf viele der Angebote zum Reformationsgedächtnisjahr und möchte auch möglichst viele Termine wahrnehmen. Am meisten freue sie sich auf den Lutherweg als „Gottesdienst auf dem Weg“ am Pfingstmontag, auf den Themengottesdienst „Reformation global“ der Pfadfinder und auf das große Lutherevent am 1. Juli auf dem Pegnitzer Kirchplatz.
In der Kirchengemeinde Plech sind 17 Veranstaltungen mit Bezug zur Reformation geplant. Vorträge, besondere Gottesdienste, Kinderbibeltag und mehr gehören dazu. „Es geht nicht um eine Glorifizierung von Martin Luther, sondern darum, die Anliegen der Reformation und ihre Bedeutung für heute deutlich zu machen“, betont Christoph Weißmann. Auf zwei Dinge freut sich der Plecher Pfarrer besonders: Das Konzert „Alte Texte im neuen musikalischen Gewand“ am 15. Mai und natürlich die Fertigstellung und Einweihung der Weidenkirche. „Das ist ein nicht nur für unsere Gemeinde einmaliges Erlebnis und eine sichtbare Einladung zum Glauben, die dieses Jubiläumsjahr weit überdauern wird“, ist sich Weißmann sicher.
Gemeinde Betzenstein feiert das Reformationsjubiläum auch in Hüll und Neudorf
Nicht nur in der Stadtpfarrkirche, sondern auch in Hüll und Neudorf bei Obertrubach erinnert die Kirchengemeinde Betzenstein an die Reformation. Das Thema wird aber auch in vielen anderen Kreisen und Veranstaltungen einfließen, sagt Pfarrer Ulrich Böhm. Er freue sich persönlich sehr auf den Kirchentag des Kirchenkreises Bayreuth am 31. Oktober in Coburg und auf die Theateraufführung „Der Fall Luther“ mit dem TiK-Theater Neuenmarkt am 13. Oktober. „Was nicht passieren sollte, ist, dass den Gemeinden und der Öffentlichkeit der Name Luther zum Hals raushängt, weil es ständig darum geht“, betont der Seelsorger. Er hoffe, dass durch das Reformationsgedächtnisjahr die Gnade Gottes auch heute noch Menschen reformiert, verändert, neu anstößt und befreit.
Von zehn geplanten Veranstaltungen spricht Pfarrer Moritz von Niedner, acht davon finden in Auerbach statt. Möglicherweise komme im Lauf des Jahres noch das Eine oder Andere dazu. Das Angebot sei so vielfältig, dass er seinen Favoriten gar nicht benennen könne. „Wir werden zusammen Gottesdienste und Feste feiern, einen Film sehen, uns von swingiger Musik mitreißen lassen, einen Ausflug machen – es ist hoffentlich für alle etwas dabei.“ Er selbst freue sich erst einmal auf den Eröffnungsgottesdienst zum Jubiläumsjahr am 22. Januar um 9:30 Uhr mit dem Posaunenchor und anschließendem Brunch im Gemeindehaus für alle Interessierten.
Pegnitz startete schon am 31. Dezember mit Lutherbier und Luftballons in das Jubiläumsjahr
Die Kirchengemeinde Pegnitz hat schon in der Silvesternacht den Start in das Reformationsjubiläum gefeiert. 300 LED-Luftballons stiegen in den Himmel; ein eigens gebrautes Export-Dunkel-Lutherbier wurde erstmals getrunken; und vor der Kirche wurde eine Lutherskulptur aus Kupfer und Cortenstahl vorgesellt. Der Künstler Ulrich Bachmann hat die Figur geschaffen. Sie zeigt Martin Luther auf dem Weg zwischen den Jahren 1517 und 2017. Diese Anordnung solle den Weg der Reformation symbolisieren, erklärte Bachmann. Er habe bislang nur positive Reaktionen auf die Skulptur bekommen, berichtet Dekan Gerhard Schoenauer. „Viele haben mich angesprochen und die Konzeption der Figur gewürdigt.“ Ein neues Lutherbild, gemalt von Sandra Wiemer, sei in der Kirche zu sehen. Das süffige Lutherbier, das in der Pegnitzer Jura-Bräu gebraut wurde, ist nicht im örtlichen Handel, sondern im Pfarramt zu kaufen. Ein Lutherquiz wird im Kirchenboten der Gemeinde veröffentlicht.
Einige der insgesamt über 80 Veranstaltungen seien dekanatsweit, wie die ökumenische Wallfahrt zur Weidenkirche in Plech. Von Anfang an waren daher der Dekanatsausschuss und die Pfarrkonferenz an den Planungen beteiligt. Die Präsidentin der Dekanatssynode Karin Weiss hat mit ihrer Tochter Gabriele Brousek das Veranstaltungsheft des Dekanats erstellt. Der Dekan freut sich bereits auf die Veranstaltung mit dem Fränkischen Theatersommer am 29. Januar: „Martin Luther und Martin Luther King – Ein Abend über zwei ungeleiche Provokateure der Wahrheit“. Er hofft auf mindestens 500 Besucher in der Pegnitzer Bartholomäuskirche. Weitere Höhepunkte werden für Schoenauer die Malwerkstatt mit Béla Farago, die Einweihung der Plecher Weidenkirche und das Lutherfest am 1. Juli in Pegnitz sein.
Brigitte Grüner
Redaktion